Buch-Review: Die sokratische Methode - Ward Farnsworth
Meine Buch-Review zu: Die sokratische Methode von Ward Farnsworth!
Autor: Ward Farnsworth
Der US-amerikanische Autor Ward Farnsworth schreibt nicht nur über Philosophie und Rhetorik, sondern auch über Schach und Recht. So ist er zudem Professor für Recht an der Law School der University of Texas, wo er zwischen 2012 und 2022 sogar als Dekan tätig war.
Ward Farnsworth selbst schloss sein Bachelor-Studium 1989 an der Wresleyan University in Connecticut ab und machte seinen Doktor des Rechts 1994 an der Chicago Law School. Nach seinem Studium arbeitete er am siebten Bundesberufungsgericht sowie am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Es folgte eine Stelle als Rechtsberater für das Iran-United States Claims Tribunal in Den Haag.
Anschließend kehrte Ward Farnsworth in die USA zurück, um dort 15 Jahre lang an der Law School der Boston University zu lehren und mehrere Jahre als stellvertretender Dekan zu arbeiten. Zudem veröffentlichte Ward Farnsworth zahlreiche juristische Artikel und auch Bücher. Außerdem ist er der Autor von drei Büchern über die englische Sprache, die zwischen 2010 und 2020 erschienen.
Darüber hinaus veröffentlichte Ward Farnsworth 2018 das Buch „The Practicing Stoic„, das 2021 unter dem Titel „Der praktizierende Stoiker“ im Finanzbuch Verlag erschien. Im selben Verlagshaus erschien im darauffolgenden Jahr die deutsche Fassung seines 2021 erschienenen Buches „The Socratic Method„. Es trägt den Titel „Die sokratische Methode“ und soll in dieser Buch-Review vorgestellt werden.
Inhalt: Viele theoretische, aber auch praktische Inhalte rund um die sokratische Methode
„Die sokratische Methoden“ von Ward Farnsworth ist ein fast 350 Seiten starkes Buch, das eine besondere Gesprächstechnik vorstellt. Diese kann man nicht nur für philosophische Diskurse und private Diskussionen, sondern auch für Selbstgespräche nutzen. Dabei geht der Autor in insgesamt 18 Kapitel allerdings noch auf viele weitere Themen ein. Im 10-seitigen Vorwort beschreibt Ward Farnsworth den Inhalt vom Buch „Die sokratische Methode“ wie folgt:
„Dieses Buch erläutert die sokratische Methode – das heißt die ursprüngliche Methode aus Platons Dialogen – und legt dar, wie man sich ihrer bedienen kann. Es untersucht damit gedankliche Vorgänge, ist aber genauso gut eine praktische Einführung in die sokratische Philosophie. […] Das sokratische Denken ist ein Weg zur Weisheit, nicht aber der Weisheit Schluss – den kann es in ihm nicht geben. Es hilft uns im Umgang mit allen möglichen kleinen und großen Problemen – ob es nun darum geht, wie wir leben sollen oder wer mit dem Hund rausgeht.„
„Die sokratische Methode ist eine Denkweise. Sie ist ein Mittel, Klugheit zu erlangen und Dummheit zu bekämpfen.“ – Ward Farnsworth
Auf der nächsten Seite vom Buch „Die sokratische Methode“ schreibt Ward Farnsworth: „Die Lehren des Sokrates können unsere Auseinandersetzung mit allen möglichen wichtigen Themen voranbringen. Denn die sokratische Methode verlangt unter anderem, Fragen ohne Angst zu äußern und entgegenzunehmen; sie verlangt, die eigenen Gedanken frei zu äußern und sich nicht zu ereifern, wenn andere sagen, was sie denken; sie verlangt, nach Wahrheit zu streben und nicht etwa hochmütig anzunehmen, man besäße sie bereits. Mit anderen Worten: Sie stellt all die guten Eigenschaften in den Vordergrund, die unserer Gesprächskultur verlorengegangen sind.„
Dabei stellt Ward Farnsworth direkt zu Beginn seines Buches „Die sokratische Methode“ klar, dass der Begriff der sokratischen Methode eine moderne Erfindung ist. Platon selbst hat sich nie konkret auf diese Methode bezogen. Allerdings wurde das Vorgehen von Sokrates in den Dialogen des Platon systematisch beschrieben. Daher hat Ward Farnsworth genau diese Schriften von Platon analysiert und die sokratische Methode in seinem Buch ganz genau beschrieben.
„Das tatsächliche Vorhandensein von Weisheit und das Gefühl, Weisheit zu besitzen, sind bei Sokrates zwei umgekehrt proportionale Größen.“ – Ward Farnsworth
Zur Beschreibung der eigentlichen Methode benötigt Ward Farnsworth jedoch nur einen Bruchteil der insgesamt 350 Seiten. Zudem geht er ganz konkret auf die Praxis der sokratischen Methode auch nur in den letzten beiden Kapiteln und dem abschließenden Epilog auf gut 50 Seiten ein. Daher passt der Untertitel vom Buch aus dem Finanzbuch Verlag mit „Das Handbuch der praktischen Philosophie“ auch nicht optimal. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Ward Farnsworth in seinem Buch nur theoretisch schreibt.
Denn viele der 18 Kapitel aus dem Buch „Die sokratische Methode“ sind durchaus praxisnah. Die Theorie überwiegt allerdings in vielen Teilen, was das Buch allerdings nicht weniger interessant macht. Denn die vielen Ausschnitte aus Platons Dialogen sowie die Zitate von John Stuart Mill und anderen eher historischen Philosophen und Gelehrten lockern das Buch „Die sokratische Methode“ immer wieder sehr gelungen auf.
„Je schwieriger die behandelte Frage, desto wichtiger ist, sie in klaren und bedachten Worten zu besprechen.“ – Ward Farnsworth
Zudem sorgt die gute Aufteilung vom Buch „Die sokratische Methode“ in etwa 15 bis 20 Seiten lange Kapitel für eine bessere Lesbarkeit, der ansonsten manchmal schwer zu verstehenden Texte. Letzteres liegt sowohl an den langen Sätzen von Ward Farnsworth als auch den teilweise philosophischen Inhalten, über die man beim Lesen nachdenken sollte. Der Autor erklärt also die sokratische Methode nicht auf einfachste Art und Weise, sondern versucht seinen Lesern und Leserinnen möglichst viele wichtige Informationen rundherum mitzugeben.
Dies gelingt ihm zweifelsfrei sehr gut. Denn nach dem Lesen vom Buch „Die sokratische Methode“ weißt Du nicht nur mehr über Platon und Sokrates sowie die sokratische Methode. Du lernst auch viel über die einzelnen Elemente der Gesprächsführung, die damalige Zeit sowie Zeitgenossen von Platon und Sokrates. Außerdem thematisiert der Autor auch den Stoizismus sowie den Skeptizismus in jeweils einem Kapitel. Damit ist das Buch „Die sokratische Methode“ von Ward Farnsworth ein äußerst interessantes Buch, das sich definitiv zu lesen lohnt.
Alle Themen & Kapitel aus dem Buch "Die sokratische Methode" von Ward Farnsworth:
Damit Du Dir einen möglichst guten Überblick über die einzelnen Themen aus dem Buch von Ward Farnsworth machen kannst, habe ich Dir an dieser Stelle alle Kapitel aus dem Buch „Die sokratische Methode“ zusammengetragen:
- Vorwort
- 1 – Das sokratische Problem
- 2 – Methode oder Doktrin?
- 3 – Elemente der sokratischen Methode
- 4 – Die Funktion der sokratischen Methode
- 5 – Frage und Antwort
- 6 – Der Elenchus (Gegenbeweis)
- 7 – Folgerichtigkeit
- 8 – Systole und Diastole
- 9 – Analogien
- 10 – Sokratische Regeln für den Dialog
- 11 – Unwissenheit
- 12 – Aporie
- 13 – Sokratisches Gut
- 14 – Sokratische Ethik
- 15 – Sokrates und die Stoiker
- 16 – Sokrates und die Skeptiker
- 17 – Prinzipien entdecken
- 18 – Prinzipien testen
- Epilog: Sokratische Regeln der Auseinandersetzung
Überblick über die sokratische Gesprächsregeln:
Im zehnten Kapitel vom Buch „Die sokratische Methode“ nennt Ward Farnsworth folgende sokratische Regeln für den Dialog – oder sokratische Gesprächsregeln wie ich sie nennen würde:
- Sei lieber bestrebt, der Wahrheit nahezukommen, anstatt als Sieger hervorzugehen!
- Hinterfrage den Menschen, nicht nur die Behauptung!
- Beurteile Argumente nach ihrer Qualität, unabhängig davon, wer sie äußert!
- Sei aufrichtig und sage, was Du denkst!
- Befolge das Vier-Augen-Prinzip und lass Deinen Gegenüber darüber urteilen, was der Dialog erreicht hat!
- Sei mitfühlend!
- Beleidige nicht und sei nicht beleidigt!
- Sage, was Du denkst, und nicht das, was andere hören wollen!
Sokratische Regeln der Auseinandersetzung:
Zum Abschluss vom Buch „Die sokratische Methode“ beschreibt Ward Farnsworth in einem fast 10-seitigen Epilog noch die sokratischen Regeln der Auseinandersetzung. Diese beziehungsweise deren Titel sowie jeweils einen kurzen Stichpunkt dazu, findest Du hier:
- Alles kommt auf den Tisch
- Keine Ansicht entzieht sich der Befragung, sobald diese von jemandem angeregt wurde.
- Zweck der Untersuchung
- Die Beteiligten einer Auseinandersetzung wollen der Wahrheit näherkommen.
- Widerspruch ist erwünscht
- Zweifel ist eine natürliche und willkommene Reaktion auf jede vertretene Positionen.
- Argumenten wird mit Argumenten begegnet
- Keine Argumente bleiben unbeantwortet, weil sie verachtenswert sind und gar nicht erst geäußert werden sollten.
- Die Vernunft steht an erster Stelle
- Argumente werden aufgrund ihrer Qualität beurteilt, also nach ihrer Begründung und Vernunftmäßigkeit, nicht aber nach der Identität des Sprechers.
- Es wird im Sinne des Elenchus argumentiert
- Auf einer einvernehmlichen Basis hilft jede Seite der anderen beim Erkennen von Unvereinbarkeiten, sodass Vereinbarkeit und Folgerichtigkeit die wichtigsten Prüfsteine darstellen.
- Selbstkritik
- Die eigene Parteilichkeit und Bindung an bestimmte Überzeugungen wird hinterfragt.
- Skepsis gegenüber Gruppen
- Gängigen Meinungen und schnellem Konsens wird misstraut.
- Umgangsformen
- Die Untersuchung sollte gründlich, entschlossen bis unerbittlich, aber immer höflich erfolgen.
- Offenheit
- Die Gesprächspartner sprechen ihre Gedanken offen aus und werden nicht dafür sanktioniert – eine unpopuläre Aussage wird im Gegenteil sogar geschätzt.
- Beleidigungen
- Alle Beteiligten versuchen, ihre Ansichten so zu äußern, dass sich niemand persönlich beleidigt oder gekränkt fühlt – ebenso ist man bestrebt, Erwiderungen anzunehmen, ohne sich beleidigt oder gekränkt zu fühlen.
- Demut
- Die Gesprächspartner sind sich der eigenen Unwissenheit bewusst und wissen um die blinden Flecken in ihrer Wahrnehmung, sodass Schlussfolgerungen vorläufig sind.
Meine 5 Learnings
- Der sich selbst überlassene Geist neigt zu Irrationalität und Idiotie, die sokratische Methode aber verbessert die Geistesleistung.
- Somit ist die sokratische Methode ein Korrektiv, das die Übertreibungen, Lügen und Täuschungen Deines eigenen Geistes aufdeckt und Dir dabei hilft, bescheidenere und dennoch stärkere Ideen zu entwickeln.
- Wer sich die sokratische Methode zu eigen macht, denkt in Fragen, kann mit Unsicherheit umgehen und weiß eine Suche zu schätzen, die kein Ende hat.
- Somit ist die sokratische Methode kein geeigneter Weg, die eigene Meinung zu verfestigen, sondern sie ersetzt das Verlangen, sie zu vertreten durch das Verlangen, sie zu überprüfen.
- Dein Verstand arbeitet am schärfsten, wenn Du einer Frage nachgehst, und nicht etwa, wenn Du eine Antwort gefunden hast.
- Wenn Du in Aussagen denkst und redest, lernst Du nichts. – Wenn Du in Fragen denkst und redest, kannst Du lernen.
- Wenn also jemand etwas sagt, dass Du ablehnst, kannst Du Fragen stellen, anstatt Deine Ablehnung zu äußern.
- Jedes Mal, wenn Du gute Fragen stellst und beantwortest, vertieft sich Dein Verständnis, Du öffnest den Blick für die andere Seite und erkennst Schwächen auf der eigenen Seite, sodass Du komplexere Zusammenhänge siehst.
- Widerspruch ist eine Freundschaftspflicht, denn Du brauchst Freunde, die Dir widersprechen, da aus der Reibung etwas Gutes entsteht.
- Wenn jemand geschickt darin ist, Deine Behauptungen (hoffentlich taktvoll) in Frage zu stellen, gibt Dir das die Chance zum Umdenken, zum Erkennen von Denkfehlern, oder eben auch zur Klärung Deiner eigenen Position.
- Die Auseinandersetzungen legt Einzelheiten und Grundannahmen offen, und es könnte sein, dass Du Dir Deiner Ansichten nicht mehr so sicher bist.
- Kränkungen oder Beleidigungen sind nicht nur bei ihrem konkreten Auftreten ein Problem, sie behindern den aufrichtigen Austausch schon durch ihr drohendes Auftreten.
- Das gute Leben ist keine Belohnung, die durch stete Mühen erlangt wird, sondern das Bemühen selbst ist das gute Leben.
Meine 5 Handlungsaufforderungen
- Wenn jemand eine Behauptung dazu aufstellt, was richtig und falsch oder gut und schlecht ist, so hinterfrage sie!
- Frage, was Dein Gesprächspartner mit der Aussage meint, erkundige Dich nach anderen Überzeugungen, die Dein Gegenüber hegt und suche nach Widersprüchen und Spannungen zwischen diesen Äußerungen!
- Dies gilt allerdings auch für Dich selbst, da die sokratische Methode dazu einlädt, für Dich allein über bestimmte Themen nachzudenken!
- Fordere Dich also selbst heraus, gehe Dir auf den Geist, stelle Dich auf die Probe und widersprich Dir – genauso, wie Sokrates es tun würde!
- Benutze die Ansichten Deines Gegenübers als Hauptquelle für Deine Argumente!
- Lege Deinem Gegenüber Fallstricke, die mit dessen Zustimmung gezogen, aber nicht von ihm selbst gefertigt wurden!
- Sorge dafür, dass Dein Gegenüber in eine Klemme gerät, die aus Thesen besteht, von denen er überzeugt ist oder überzeugt zu sein meint- selbst wenn er, bevor er danach gefragt wurde, gar nicht wusste, dass er diese Überzeugung hegt!
- Suche die Zustimmung zu einfachen Behauptungen und erlange darauf aufbauend die Zustimmung zu komplexeren Behauptungen!
- Streite nicht mit Deinem Gegenüber, sondern bringe ihn dazu, mit sich selbst zu streiten, bleibe dabei aber stets höflich und diffamiere weder Argumente noch deren Vertreter!
- Bevor Du Erkenntnisse gewinnst, musst Du Dir darüber klar werden, was Du nicht weißt und welche falschen Überzeugungen Du hegst!
- Sei also wie Sokrates von der Liebe zur Wahrheit angetrieben, doch beginne mit der Tätigkeit, eingebildete Weisheiten abzuschütteln!
- Sei Dir dabei jedoch bewusst, dass eingebildete Weisheiten und falsche Überzeugungen schwer zu erkennen sind und sich gegen Angriffe wehren!
Fazit: Eine spannende Methode zur Gesprächsführung + vieles mehr
Das Buch „Die sokratische Methode“ von Ward Farnsworth ist ein eher theoretisch als praktisch ausgerichtetes Buch über eine Methode zur Gesprächsführung. Die sogenannte sokratische Methode kann dabei den Platons Dialogen entnommen werden, obwohl sie nie von ihm konkret erwähnt wird.
Die Methode eignet sich dabei sowohl zur Gesprächsführung philosophischer wie privater und beruflicher Gespräche, aber auch für Selbstgespräche. Doch Ward Farnsworth beschreibt auf 350 Seiten seines Buches eben nicht nur diese Methode.
In insgesamt 18 Kapiteln vom Buch „Die sokratische Methode“ geht er nämlich auch auf angrenzende Themen ein und beleuchtet die Methode daher von sehr vielen Seiten. Diese ganzheitliche Betrachtung macht das, aufgrund der vielen langen Sätze sowie der teilweise philosophischen Inhalte, nicht immer leicht zu lesende Buch besonders interessant.
Wenn Du Dich also für eine äußerst effektive Art der Gesprächsführung interessierst, die Du sowohl für Dich alleine als auch in verschiedenen Situationen nutzen kannst, eignet sich das Buch „Die sokratische Methode“ von Ward Farnsworth ideal. – Daher kann ich das Buch sowohl im Bereich Beruf als auch im Bereich Beziehungen und im Bereich Selbst definitiv empfehlen!
Deine Meinung zum Buch "Die sokratische Methode" von Ward Farnsworth
Kanntest Du „Die sokratische Methode“ bereits? – Wie ist Deine Meinung zu dem Buch von Ward Farnsworth?
Hinweise zur Buch-Review "Die sokratische Methode" von Ward Farnsworth:
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